#7 Meine Villa Kunterbunt

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Jaja, die verflixte sieben. Ich weiß, dass mein letzter Eintrag ein wenig zurückliegt, aber es kam leider immer irgendetwas dazwischen, deswegen folgt jetzt hier frei nach dem Motto „Besser spät als nie“ eine mehr oder weniger ausführliche Projektbeschreibung für alle, die sich für meine Arbeit hier interessieren.

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Wie ich bereits erwähnte hat mein Projekt, in dem ich hier Freiwillige bin, mehrere Einsatzorte. Meine Projektstelle liegt am Rande Asuncións, im Stadtteil San Antonio und trägt den Namen „Villa Elisa“. Die Menschen dort leben in sehr einfachen Verhältnissen und manchmal reicht es nicht einmal für ein dichtes Dach, dennoch sind die Menschen unglaublich hilfsbereit und nett – zumindest zu dem blonden Mädchen aus Deutschland mit den unglaublich blauen Augen. Das Lokal der Callescuela liegt relativ zentral und in der Nähe des Centro Communitario und ist quasi eine Anlaufstelle für die Kinder, in der sie Hausaufgabenhilfe bekommen, sich mit ihren Freunden treffen und zusammen organisieren oder sich auch einfach mal nur vergnügen können.

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Damit ihr euch das alles ein bisschen besser vorstellen könnt, folgt nun ein kleiner Wochenplan, der natürlich auch nicht immer gültig ist. Denn wenn ich etwas in meiner Zeit hier bereits gelernt habe, ist es, dass spontan meist besser klappt als geplant. Und wenn nicht, dann hat man sich wenigstens den Stress des Organisierens gespart. Also, meine Woche hier sieht ungefähr wie folgt aus:

Montag

Jeden Montag gibt es eine Plenaria im Haupthaus der Callescuela. Im Endeffekt handelt es sich dabei um eine Versammlung aller Angestellten, in der das Wichtigste und alles, was sonst so anliegt, bequatscht, organisiert und geplant wird.

Dienstag 

Dienstags gebe ich Gitarrenunterricht, während die Profesora nebenbei den Nachhilfeunterricht leitet. Das ist dann meist etwas chaotisch, aber mittlerweile haben wir uns ganz gut eingespielt und mit den Kindern klappt es auch immer besser – vor allem mit denen die wirklich regelmäßig kommen.

Mittwoch

Mittwoch gibt’s „einfach nur“ Nachhilfeunterricht und von Zeit zu Zeit auch andere Aktivitäten. Besonders gerne welche, die mit „F“ anfangen und „ußball“ aufhören.
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Donnerstag

Oder auch „Tag der Kunst“ genannt. Hier machen wir immer andere Workshops mit den Kindern, singen, zeichnen, malen das Lokal mitsamt Möbeln an oder spielen einfach nur, je nachdem wozu wir und die Kinder gerade lustig sind.

Freitag 

Am Freitag bin ich immer in zwei anderen Communidades unterwegs, in denen ich dann ebenfalls – einmal am Vormittag und einmal am Nachmittag – Gitarrenunterricht gebe. Die Fortschritte hier sind aber natürlich etwas kleiner, als in Villa Elisa, weil die Teilnehmer auch stärker variieren und ich das ganze noch nicht so lange und regelmäßige mache. Deswegen singen wir oft auch einfach nur zusammen, aber das finde ich dann auch meistens ganz schön, und die Kinder ihrer Reaktion zufolge auch. Bald wollen wir selber Gitarren „basteln“, aus Holz und Nylon, damit zumindest jeder ein Griffbrett hat, mit dem er, wenn auch ohne Ton, mitüben kann, weil die momentane Situation sieht leider etwas stressiger aus. 5-10 Schüler und eine Gitarre. Da werden spätestens wenn ich durch’s Tor komme die ersten Köpfe eingeschlagen, wer denn nun als erster „spielen“ darf.

Samstag

Samstag ist immer Reunión, also Gruppentreffen. Zuerst die Grupo Oragnizado de Niñas (Mädchen, so zwischen 9 und 11) und danach die Grupo Organizado de Adolecentes Trabajadores – kurz GOAT’s. Dabei handelt es sich um arbeitende Jugendliche im Alter zwischen 14 und 17. Es gibt noch eine Grupo de Niños (sozusagen das Pendant zu der GONI) sowie eine Grupo de Abejas, also „Bienengruppe“ – die ganz Kleinen, aber deren Reuniónes finden meist unter der Woche und sporadischer statt. Momentan gibt es gerade nur ein einziges Thema in allen vier Gruppen: Das anstehende Zeltlager! Nachdem bekannt geworden ist, dass das Geld nicht ausreicht, um mit allen Gruppen wegzufahren, haben sich die Kinder und Jugendlichen in ihren jeweiligen Gruppen organisiert und fleißig Pläne geschmiedet, wie man am besten Geld verdienen könnte, um das Ganze doch noch möglich zu machen. Durch Eisherstellung, Losverkauf und Kino im Lokal wurde so einiges zusammengesammelt und auch wenn es eher einen symbolischen Wert hat, blicken die Kinder stolz auf ihren Verdienst zurück. Die Grupo de Niños, beispielsweise, hat den ganzen Gefrierschrank mit Eis bestückt und anschließend den ganzen Nachmittag lang verkauft und kamen stolz wie Bolle mit 15.000 Guaranís zurück – was nicht einmal 3 Euro entspricht.

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Generell muss ich sagen, dass ich mit meinem Projekt hier rundum zufrieden bin. Leider kommt bei 40 Grad nicht wirklich Weihnachtsstimmung auf und – aller Mühe in Ehren – Lichterketten an den Palmen kann ich nicht wirklich ernst nehmen. Das Weihnachtsfest unserer Organisation, mit „deutschen“ Keksen  und Glühwein, war zwar sehr schön, aber trotz Last Christmas und Stille Nacht nicht wirklich weihnachtlich. Aber auch wenn ich die ganze winterliche Stimmung etwas vermisse, muss ich sagen, dass ich mich unter meinem Sonnenschirm am Strand des Río Paraguay – welcher circa eine Viertelstunde entfernt liegt – auch ganz wohl fühle und sehr gut auf die Kälte in Deutschland verzichten kann. Mir graut es ja ehrlich gesagt schon etwas vor dem nächsten Winter, wenn mir hier bei 25 Grad schon kalt ist. Am Freitag beginnt übrigens meine Südamerikareise. Der Plan ist Chile – Peru – Bolivien – Argentinien und vielleicht noch Uruguay. Bis jetzt haben wir nur das Busticket nach Chile und den Flug von Bolivien nach Argentinien, es wird also durchaus abenteuerlich und ich freue mich wirklich darauf frei herum reisen zu können. Danach werde ich natürlich berichten und hoffentlich auch öfters etwas hier rein schreiben.

Eine Antwort »

    • Dann doch lieber Urwaldfeeling und Sonnenbrand 🙂 aber hey, immerhin bleibt euch so das Eiskratzen und Schneeschippen erspart. Wobei, wie ich das deutsche Wetter kenne, fängt es dann im Februar noch einmal an zu schneien bei -15 Grad!

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